Knappe zwei Wochen sind ins Land gegangen, und schon der eine oder andere „gute Vorsatz“ ist dahin geschmolzen wie das Eis in der Arktis. Was hattest du vor: Mit dem Rauchen aufzuhören? Mehr Sport zu treiben? Oder mehr Zeit für deine Lieben einzuplanen?
Ich habe mich für ein alkoholfreies Jahr entschieden und bin bis jetzt noch dabei. Naja, sagst du vielleicht, zwei Wochen sind ja auch keine Langstrecke… und du hast Recht. Ich denke trotzdem, dass ich das schaffe.
Warum tue ich mir das an?
Diese Frage hat man mir sofort gestellt, nachdem ich von meinen Plan berichte habe. Obwohl es nicht das erste Mal ist, dass ich mir ein mehrmonatiges Alkfrei-Ziel setze (und es auch einhalte), kamen Zweifel bei meinem Gegenüber durch. „Echt jetzt? So ganz ohne? Aber was ist mit … (Fassenacht, Geburtstag, Wochenende, Frust, Belohnung, xyz)?!“
Ja, das ist eine gute Frage. Und ich habe eine Antwort: Ich tue mir gar nichts dabei an. Ich entscheide mich einfach aus freien Stücken dafür, einen Teil meines Alltags unter die Lupe zu nehmen, von dem ich merke, dass er mir nicht gut tut. Bevor jetzt die KlientInnen weglaufen, weil ich zu viel trinke: Nein. Mache ich nicht. Ich habe nur im Moment überhaupt keine Lust mehr, die Kontrolle abzugeben.
Ich finde es nämlich gut, wenn ich weiß, was ich tue, und dabei geistig klar bin. Ich mag mich, und das ist eine gute Basis für alle weiteren Entscheidungen.
Im letzten halben Jahr wurde mir so immer mehr bewusst, dass es Zeit für einen Paradigmenwechsel ist. So von „die Erde ist eine Scheibe“ zu dem, was wir heute für real halten. Selbstliebe darf für mich im kommenden Jahr noch mehr in den Fokus kommen.
Nein, das gefällt nicht allen.
Natürlich kommt Gegenwind, denn es ist bequem für Andere, wenn ich fraglos alles mitmache: „Das ist jetzt aber egoistisch“, dass ich eine Verabredung absage, weil ich keine Lust auf das Trinkgelage habe. „Jetzt muss ich das ja machen“, weil ich freundlich, aber bestimmt eine Aufgabe abgelehnt habe, um mich auszuruhen. „Wenn das alle machen würden…!“ ja dann hätten die Krankenkassen weniger zu bezahlen und alle wären glücklicher. Oder so.
Mag sein, dass es auch für dein Umfeld bemerkenswert schwieriger wird, wenn du dich auf einmal „um dich selbst“ kümmerst. (Du tust ja auch noch was anderes, aber das wird gerne mal vergessen.)
Ich mache es trotzdem, denn ich finde, ich habe es verdient:
- Ich habe meine Kinder von 2/4 Jahren bis 17/19 Jahren alleine groß gezogen und nebenbei meine Ausbildung absolviert, während ich unsere Existenz alleine gesichert habe.
- Ich habe meinen Vater durch seine Krebserkrankung eng begleitet und nebenbei meine Doktorarbeit begonnen.
- Ich habe in den letzten 5 Jahren 6 wichtige Bezugspersonen verloren.
- Ich trage Verantwortung im Job, als Pflege- Betreuerin und als Mutter.
- Ich bin ein Mensch. Mir darf es gut gehen.
Auch wenn du auf den ersten Blick „keinen Grund“ hast, dich um dich kümmern zu dürfen, sieh noch einmal scharf nach:
Gibst du mehr als du kannst, um dein Umfeld zufrieden zu stellen? Hast du selten einen Moment, in dem dir langweilig ist? Hetzt du von Termin zu Termin? Erfüllst du alles, was ansteht? Bist du vielleicht auch Alleinerziehend oder trägst Pflegeverantwortung?
Dann wird es aber Zeit: Du bist die einzige Stellschraube in deinem Leben, an der du ganz schnell Veränderungen vornehmen kannst. Wenn du dich um dich kümmerst, wenn du dich gut selbst versorgst, stellst du dein komplettes restliches Leben auf die solide Basis, die du brauchst, um glücklich zu werden.
Wie geht Selbstliebe?
Ich kann dir nicht sagen, was dir guttut. Vielleicht weißt du es in diesem Moment auch nicht (mehr), weil du den Blick schon etwas länger nach Außen gerichtet hast. Das ist okay. Du kannst dennoch sofort damit anfangen, es anders zu machen.
Mir helfen diese Dinge:
- Spüre, ob du Hunger/Durst hast, ob dir kalt/warm ist, ob du müde bist. Dann gib dir, was du brauchst.
- Nimm dir eine kleine Pause von dem, was du tust. Lass den Blick aus dem Fenster schweifen, verfolge die Vögel am Himmel in ihren Bahnen, träum dich hinauf zu ihnen und flieg ein Stück mit.
- Strecke dich, schüttel dich aus, lass deinen Körper wieder leben und gib eine Minute Bewegung. Es muss kein Kopfstand sein, einmal die Treppe hoch und runterlaufen hilft manchmal schon.
- Für Fortgeschrittene: Gehe einmal um den Block.
- Ruf eine Freundin an und sag ihr, wie es dir geht.
- Gönn dir einen leckeren Saft oder einen tollen Brotaufstrich.
- Sing ein Lied, das du magst und erinnere dich, warum du es gut findest.
Wenn du tiefer gräbst, fallen dir sicher viele Dinge ein. Je öfter du sie übst, umso mehr sagst du dir selbst: Ich liebe mich. Je besser es dir geht, umso mehr profitieren letztlich auch deine Mitmenschen. Und wer dich wirklich liebt, wird dir Raum und Zeit geben, dass du gut für dich sorgst.
Also, worauf wartest du? Stell dein Leben auf Deine Basis!