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Was eine Taube mit deinem Stresslevel zu tun haben kann

Zum Weltfrauentag widme ich mich heute einem Thema, das uns Frauen immer ganz besonders betrifft: Dem Thema Stress . Dazu erzähle ich dir eine Geschichte.

Auf meiner letzten Weiterbildung zur Stresspräventionstrainerin kam die Frage auf, wie wir uns selbst in die Gedankenfalle treiben und wie dadurch vermehrt Stress entsteht.

Dass Stress auf zweierlei Arten entsteht, weißt du sicher schon:

Zum Einen kommt er dadurch auf, dass ein im Außen liegender Stressor auf dich einwirkt. Das kann der Partner/die Partnerin sein, die Kinder, eine Rechnung, die ins Haus flattert, ein Vogel, der dir das frisch geputzte Fenster sprenkelt… einfach alles, was dir den Blutdruck in die Höhe treibt.

Zu diesem zuerst einmal unspezifischen Ereignis kommt dann deine Bewertung des Ganzen, und erst hier wird der Stress zum Ereignis, das dich ganzheitlich erfasst. Vorher ist das Ereignis einfach nur ein Ereignis wie tausende andere auch. Aber durch deinen eigenen Einsatz wird es zu einer Gefahr für deine Gesundheit. Glaubst du nicht?

Ich gebe dir ein Beispiel, und weil ich Tiere mag, kommt eine Taube darin vor.

Sagen wir mal, du legst total viel Wert auf eine saubere Wohnung. Dein Herz hüpft vor Freude, wenn die Sonnenstrahlen sich durch die streifenfreien Fenster auf deine Wohndeko legen. Extra dafür hast du dir einen festen Tag im Kalender markiert, heute steht Fensterputzen an.

Nach etwa drei Stunden intensiver Arbeit ist dein Ergebnis vollkommen: Alles blitzt und blinkt. Du machst dir einen Kaffee und setzt dich hin, um dein Werk zu genießen.

Und dann passiert es: Die Taube, die dich schon den ganzen Vormittag vom Dach des Nachbarn beobachtet hat, setzt zum Sinkflug an und… markiert ihr Reich. Das dein Fenster ist. Das jetzt nicht mehr so sauber ist. Sondern eben…markiert. Sie sagt dir mit allem, was der kleine Taubenkörper so hergibt: Nö, mag ich nicht. Dann fliegt sie zufrieden zurück aufs Dach und gurrt.

An dieser Stelle gehen bei dir wahrscheinlich alle Lichter an:

Du stehst auf, fluchst oder grummelst, holst den Lappen und das Spray und machst dich an die Arbeit, das Dilemma zu beseitigen. Leider ist Taubenkaka hartnäckig, ud so verbringst du erneute zwanzig Minuten mit Wischen. Die Entspannung ist dahin, und du ärgerst dich so richtig schön über das Vogeltier. Wahrscheinlich dauert es noch eine ganze Weile, bis du das Ereignis loslassen kannst, das dich so ärgert.

Diese sehr bildhafte Geschichte zeigt dir genau, was Stress auslöst: Du gibst dem Zwischenfall mit der Taube eine hohe Wichtigkeit, bewertest sie also als negativ und für dich wichtig.

Vielleicht siehst du in dem Taubensinkflug sogar einen Angriff auf deine Werte (Sauberkeit) und siehst dein Selbstbild (gute Hausfrau) in Gefahr. Diese Bewertung führt dazu, dass in deinem Körper Signale (Hormone) freigesetzt werden, die dich in Aktion bringen (Aufstehen und für Ordnung sorgen).

Kurzfristig ist der Stress also okay, denn er hilft dir, ein anstehendes Problem zu bewältigen. Und deine Bewertung ist der erste Schritt dazu, das Problem als Problem zu erkennen.

Anders ist es, wenn der Stress nicht kurzfristig, sondern langfristig anhält und du keine Ressourcen parat hast, um auf die Situation angemessen zu reagieren. Dann ist deine Bewertung nur ein Teil des Problems.

Schauen wir auf das Taubendebakel mit etwas anderem Blick.

Nehmen wir an, du bist alleinerziehend und putzt in einem großen Haushalt, während du mitten in der Qualifizierung zu einem Job mit besseren Gehaltschancen bist. Das Putzen sichert dir den Lebensunterhalt bei freier Zeiteinteilung, was wichtig ist, da du Kinder zu betreuen hast.

Du hast dir fürs Putzen den Vormittag gewählt, wenn die Kinder in der KiTa sind. Die sauberen Fenster hast du kurz vor Ablauf deiner Arbeitszeit gerade noch so geschafft, denn eigentlich wolltest du gerade gehen, um die Kinder abzuholen.

Dann kommt die Taube.

Gleicher Fall wie oben: Das Fenster ist markiert. Du schaust auf die Uhr, siehst, die Arbeitgeberin kommt gleich nach Hause, dein Bus fährt und du hast niemanden, der die Kinder holen kann. Also musst du dich sehr beeilen, um das Ergebnis „saubere Fenster“ als Beweis deiner Arbeitsqualität zu hinterlassen (du willst den Job ja behalten).

Du hälst dich richtig ran und schaffst es gerade noch so, bevor die Hausherrin heim kommt. Dein Bus ist jetzt aber weg. Es ist das dritte Mal in der Woche, dass du im Kindergarten anrufen und Bescheid geben musst, dass du später kommst.

Der Erzieher ist sehr ungehalten darüber, und auch deine Kinder finden es weniger gut, dass du sie „vergessen“ hast. Zuhause angekommen merkst du, dass du nichts im Kühlschrank hast…du musst also nochmal los, müde wie du bist, mit den quengeligen Kindern.

Du merkst, worauf ich hinaus will?

Ein kleines Ereignis, das von Außen stört, ist okay und kann gut bewältigt werden über innere Einstellungen und die Ressourcen, die du zur Verfügung hast. Eine ganze Kette von Erlebnissen, die in einem dauerhaft sehr angstrengenden Rahmen stattfinden, löst sehr viel mehr Stress aus und braucht sehr viel mehr Einsatz von Kraft, Zeit und anderen Dingen, um sie zu bearbeiten.

Und das wirkt sich auf dich aus.

Langfristiger Stress, der nicht abgebaut wird, führt zu einem Anstieg des Stresshormons Kortisol, das zu Erschöpfungszuständen, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Krankheiten und anderen unschönen Dingen führen kann. Das willst du sicher nicht, aber alle Ereignisse von außen kannst (und willst) du auch nicht abblocken.

Wie also kannst du gut für dich sorgen?

Abgesehen davon, dass du am besten eine positive Grundeinstellung pflegst, hilft dir ein regelmäßiger Blick auf deine persönliche Schatzkiste:

  • Wen hast du um dich herum, den du im Alltag um Unterstützung bitten kannst?
  • Was hat dir in ähnlichen nervigen Situationen schon einmal geholfen? Wie hast du dort ein Ergebnis erzielt?
  • Wie kannst du das Ereignis umdeuten, so dass es dich weniger belastet (für Fortgeschrittene) ?
  • Was kannst du als nächsten kleinen Schritt tun, um die Situation zu lösen?
  • Was gibt dir Kraft, um noch ein bissl durchzuhalten?
  • Was könntest du tun, um dich jetzt direkt und auch langfristig seelisch zu stärken?
  • Wer ist für den meisten Stress in deinem Leben verantwortlich (eine ganz schön fiese Frage, dir dir aber die Augen öffnen kann)?
  • Was kannst du aus deinem Leben verbannen (auch für eine festgelegte Zeit), damit es dir langfristig besser geht?

Zusammen geht vieles leichter

Ganz wichtig ist, dass du dir nicht alleine zumutest, in deinem Alltag aufzuräumen. Such dir Unterstützung, frage Freunde und Bekannte, schau dir ein hilfreiches Video im Netz an oder schreib mir eine Mail. Niemand ist eine Insel und muss alleine klarkommen. Den Stress hast du ja auch nicht ganz alleine produziert, nehme ich an.

Du hast es trotz aller Störenfriede von Außen in der Hand, dass dein Leben schöner und angenehmer wird. Fang einfach mit dem ersten kleinen Schritt an.

In diesem Sinne, bleib zuversichtlich. Beim nächsten Mal ist bestimmt das Fenster deiner Nachbarn dran.