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Dein NEIN verankert dich!

In den letzten Tagen habe ich mich damit beschäftigt, wie es dazu kommen kann, dass wir als Gesellschaft immer wieder auf die gleichen Schwierigkeiten stoßen:

  • Teilen fällt uns, trotz guter Versorgungslage im Großen und Ganzen, oft noch schwer.
  • Eine gewisse Konsumhaltung ist nach wie vor schick und wird ausgelebt.
  • Frauen- und Männerrollen weichen nur ganz langsam auf und lassen noch nicht so viel Ausgestaltungsfreiheit und damit Bewegung zu, wie ich mir wünsche.
  • Einige Wenige bestimmen die Diskurse um Elternschaft und Gerechtigkeit in unserem Land- und nicht diejenigen, die es betrifft.

Das sind nur einige der Punkte, die ich beobachte. Leider werden sie alle von dem selben Phänomen befeuert, über das ich hier heute schreibe:

Das NEIN wird immer weniger gepflegt.

Bevor du jetzt entrüstet aufschreist und sagst: „Aber hey, schau dir die ganzen Bewegungen um Greta und Gender und ökologischen Minimalismus und New Work an! Da wandelt sich doch einiges!“ … ja. in diesen Bereichen ist momentan viel Veränderung los, die auch dankbarerweise medial aufgegriffen wird.

Wovon ich spreche, sind die darunter liegenden Grundhaltungen, die eben noch nicht tangiert werden:

  • Wenn du dich für eine der Bewegungen engagierst, wirst du oft angefeindet, musst dich mit Greta-Shaming-Sprüchen auseinander setzen und dich fragen lassen, wie du deinem Kind das „ganze Ökogewäsch“ antun kannst, oder dein/e Partner/in muss sich fragen lassen, ob sie nichts besseres gefunden hat als diese Elternrolle.
  • Deine Veränderung hin zu mehr Selbst- Bewusstsein wird oft nicht als positiver Schritt anerkannt, sondern als Egoismus gebrandmarkt.
  • Als Frau hast du mit viel Gegenwind zu rechnen- aus den eigenen Reihen! Völlig unabhängig davon, ob du als Mutter arbeitest, oder nicht, oder ob du überhaupt Mutter bist/werden willst.

Die eigene Position zu verteidigen ist mE immer öfter damit verbunden, sich wirklich in Diskussionen, in Anfeindungen, in Streitgesprächen zu sehen, weil du dich traust, etwas Eigenes in die Welt zu bringen, das anders ist als das, was die Gesellschaft zu ihren Werten gemacht hat.

Was heißt das für dich?

DU solltest deine zarten Seiten kennen und wissen, wie du sie schützt. Warum schützen? Damit du genug Kraft hast, weiterhin für dich einzustehen anstatt dich in endlose Schleifen der Rechtfertigung zu verwickeln.

Wenn es dir einigermaßen ernst ist mit deinen Werten, wäre es gut, wenn du weißt, dass sie nicht für alle gelten. D.h. du wirst wahrscheinlich immer wieder darauf angesprochen, oder sollst dich rechtfertigen und erklären.

Je eher du daher weißt, warum du etwas tust oder warum du etwas lässt, umso klarer kannst du deine Position halten.

Dein NEIN spielt dabei eine bedeutende Rolle

Wann immer du NEIN zu einer Sache oder einem Verhalten sagst, setzt du damit eine Grenze. NEIN zu blöden Kommentaren über die Second Hand-Kleidung deiner Kinder. NEIN zu dem Spruch, dass du als Reinigungsfachkraft ja „ganz unten angekommen bist“. Ein ganz dickes NEIN zu jedem, der dich auf eine deiner Rollen reduzieren will, ganz gleich, welche das ist.

Je fester dein inneres NEIN ist, umso weniger wird es im Außen den Versuch geben, dich umzustimmen. Einfach, weil du schon so viel Sicherheit ausstrahlst und ganz bei dir bist.

Jetzt kommt der kleine Haken: Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer so ein NEIN fallen kann.

Du willst es nicht wie die anderen machen und nett sein. Deine Erziehung hat dich etwas anderes gelehrt. Du traust dich nicht, zu widersprechen, oder du denkst, du hast kein Recht auf dein NEIN. Keine Sorge: Du darfst dich einfach mit deinem NEIN noch besser anzufreunden.

Genaugenommen darfst du dein NEIN behandeln wie ein EI.

Anfangs liegt es vielleicht noch zart und rund vor dir, und du hast Angst, dass es zerbricht oder du weißt noch nicht, wie du damit umgehen sollst. Vielleicht weißt du auch gar nicht, um was für ein EI es sich handelt, also ob drin ein Küken oder ein Krokodil oder eine Schildkröte drin ist.

Du nimmst also dieses NEIN-EI erstmal an und pflegst es. Fängst mit kleinen liebevollen EInheiten ( 🙂 )an:

„Du, das überlege ich mir noch.“ „Darüber können wir später mal reden.“ „Ich habe erst morgen wieder Zeit.“

Mit etwas Übung kannst du mutiger werden, denn du weißt danach, das NEIN geht so schnell nicht kaputt:

„Als wir uns gestern getroffen haben, hast du einen doofen Kommentar über meine Schuhe gemacht. Das hat ich geärgert.“ „Ich finde die Inhaltsstoffe und Herstellungsweise dieser Marke nicht gut, daher kaufe ich sie nicht mehr. Du kannst dir das Produkt von deinem eigenen Geld kaufen.“

Je mehr du dein NEIN hätschelst, umso stärker wird es. Am Ende hast du schon so eine gute Beziehung zu deinem NEIN-EI aufgebaut, dass die Schale bricht und das, was drinnen wohnt, schlüpfen kann. Du wirst verwundert sein, wie fest und sicher sich dein NEIN jetzt fühlt:

„Ich habe keine Lust auf diese Aktivität. Danke für die Einladung, aber ich bleibe zuhause.“ „Nach unseren Kontakten fühle ich mich oft sehr ausgelaugt. Ich möchte dich erstmal nicht mehr sehen.“ „Dieses Projekt klingt toll, aber meine Kapazitäten sind voll ausgelastet. Ich werde nicht daran teilnehmen.“

Du kannst mit deinem NEIN nur gewinnen. Du setzt damit Grenzen, definierst dich als Person genau, nutzt deine Stimme als Wählerin/Konsumentin/Friedensbotschafterin und trägst damit zu einer klaren Haltung und Position bei, die für dich spricht. (Natürlich wünsche ich mir persönlich , dass du dich für eine gerechtere, friedlichere, menschenfreundliche Welt einsetzt, in der Hass und Hetze keinen Platz haben. Mein NEIN setze ich nämlich dafür ein.)

Dein NEIN verankert dich damit mitten in deinen Werten und mitten in deinem Leben. Das JA, das du in deinem Herzen spürst, hat so viel mehr Raum, um sich zu entfalten.