Seit dem letzten Blogeintrag hatte ich ausgiebig Gelegenheit, mich mit meiner eigenen unschuldig verbreiteten Theorie des „Du kannst alles tun was du willst und es führt sofort zum Erfolg“ zu beschäftigen. Zur Erinnerung: Vollmundig hatte ich propagiert, dass du nur die Fremdmärchenbilder abstreifen musst, die du fälschlicherweise für deine eigenen gehalten hast, um dann so richtig zackig nach Wunderlandhausen und Sofort-Selbstbestimmung loszuschnurren- ohne Zwischenstopps, ohne Rückschritte, und vor Allem ohne Zweifel an deinem Unterfangen.
Wie immer durfte ich kurze Zeit später selbst erfahren, dass das Universum (mein Name für das Große Allmächtige um uns herum) auch hier ein Wörtchen mitzureden hat. Oder zwei. Oder 126587165161.
„Heute habe ich leider keine Rose für dich.“
Getreu meines Mottos „Leben was man predigt“ hatte ich begonnen, nach unauthentischen, fremdbestimmten, Nicht-meine-Baustelle-Anteilen in meinem Leben Ausschau zu halten, und ich bin fündig geworden. Sagen wir mal, das, was ich gefunden habe, könnte einige weitere Blogbeiträge füllen, aber ich erspare dir die Details. Wie ich im Beitrag zuvor schrieb, hätte ich einfach „nur“ alles entfernen/überarbeiten/neu herrichten müssen, was nicht meinem tiefsten inneren Wesenskern entspricht. Es lief nicht ganz so gut, wie ich erhofft hatte.
Ja, habe ich versucht.
An dieser Stelle kann ich förmlich sehen, wie sich einige potentielle Klient*innen nach anderen Websites umschauen, aber lasst mich ehrlich sein. Es war die härteste Wahrheit, die ich mir seit sehr langer Zeit selbst zugemutet habe:
In der Arbeit mit den Nicht-meine-Baustelle-Anteilen fiel mir auf, dass so ziemlich jeder meiner Lebensbereiche betroffen ist. Arbeit, Frauenbilder, Kindererziehung, Moralvorstellung, Körperbilder, Einstellung zum lieben Geld, etc pp. Obwohl ich in jedem Bereich schon viel an mir gearbeitet habe, finden sich immer noch Glaubenssätze, Einstellungen, Bilder und Ideen, die zwar nicht meine sind, die sich aber hartnäckig gehalten haben. Oder versteckt. Oder die sich tarnen als „Oh das ist eine wunderbare Idee, das ist meine“…nein. Ist es nicht. Ist das, was ich integieren/ abstreifen/ loswerden will, aber in Verkleidung. Mist.
Ich sehe nicht alle blinden Flecken.
Womöglich wird es also Anteile geben oder werde ich Baustellen haben, die mich ein Leben lang begleiten. Diese (wieder einmal aus der Versenkung aufgetauchte) Erkenntnis hat mich ziemlich beschäftigt. Gerade wenn du wie ich in einem Umfeld unterwegs bist, in dem Menschen Probleme lösen, sie anerkennen, sie bearbeiten, wirst du unterschwellig davon eingelullt, dass ja alles möglich ist. (Und das gibst du dann an arme Leserschaften weiter, in unmöglichen Blogeinträgen, die nicht auf die Nebenwirkungen und Grenzen des Self-Help-Gedankens verweisen, sondern deine Zweifel auch noch anfeuern.)
Läuft bei allen…nur bei mir nicht?
Doch. Es läuft. Auch du bekommst deine Baustellen gemeistert. Jedenfalls die meisten davon. Davon gehe ich aus, sonst wäre meine Arbeit ziemlich sinnlos. Aber es kann auch sein, dass nicht alles nach PLan läuft: Etwa kannst du merken, dass du dein eigenes Tempo gehst, und dass das ein anderes ist, als bei Menschen, die an ähnlichen Dingen arbeiten wie du. Vielleicht kommst du millimeterweise voran, und andere kilometerweise. Vielleicht machst du Pausen, andere ziehen ihre Sache durch. Oder es gibt Bereiche deines Lebens, da ist der Widerstand so hart, dass du eher Berge schmelzen könntest, als dass dein innerer Schweinehund den Knochen hergibt. Bei den Anderen sieht es doch so einfach aus?!
Ja, das ist frustrierend. Aber jetzt auf den Gedanken zu kommen, du wärst nicht „gut“ genug, oder bei dir läuft es nicht, wäre absurd. Vielmehr wäre jetzt eine gute Idee, dir zu überlegen, warum du dich mit anderen vergleichst. Ist das vielleicht eine Idee, die gar nicht von dir kommt?
Bleib bei dir.
Das ist das Fazit meiner selbsterkenntlichen Schmährede gegen meinen letzten Blogeintrag: Vergleiche dich nicht mit Anderen. Nur mit dir selbst. Es ist okay, so lange zu brauchen. Es ist okay, Widerstände zu haben, keine Lust zu haben, lieber in der Sonne sitzen zu wollen oder erst einmal ein Jahr um die Welt zu reisen, bevor du dich dem Thema stellst. Und es ist gut, wenn du nicht alles sofort über Bord wirfst, was dir einmal eine Zeit lang geholfen hat. Du darfst ein Thema nach dem anderen nach möglichen Neueinstellungen abscannen und dann ganz persönlich entscheiden, an was du arbeiten willst. Dann hast du die Chance, dass sich nachhaltig mehr in deinem Leben ändert, als wenn du alles auf einmal herausreisst
Der einzige Mensch, der über dich urteilen darf, bist du selbst. Sei also gnädig zu dir. Nimm alle Anteile im Inneren mit in die Veränderung. Und bitte, lass dir Zeit. Das versuche ich jetzt auch.