„Alles fügt sich…“
Das steht dick auf einer Karteikarte, die an meinem Moodboard vor mir über dem Schreibtisch hängt. Eine kleine Erinnerung daran, dass das Universum immer seine Finger im Spiel hat, auch wenn ich es gerade nicht sehen kann.
Ganz besonders dann, wenn ich es gerade nicht sehen kann.
Die letzten Wochen waren ein komisches Gemisch aus Coronafolgen, der Anpassung an eine neue Lebensrealität und sehr viel Arbeit mit meinem Widerstand.
Widerstand, ja. Davon gab es eine Menge.
In meine Seminaren sage ich immer, wie gerne ich den Widerstand mag, denn er zeigt mir sofort, dass ich mit etwas in meinem Leben unzufrieden bin, auch wenn ich noch nicht genau den Finger auf die Wunde legen kann. Und diesmal hat er mir knallhart gezeigt:
So geht es auf keinen Fall weiter.
Vor rund 2 Monaten, nach der endgültigen Trennung von der großen Liebe meines Lebens, die sich leider als versteckter Narzisst herausgestellt hat, bin ich in ein tieferes Loch gefallen, als ich mir eingestehen wollte. Mit diesem Beziehungsende stellte sich nämlich etwas ein, was als Augenöffnen bekannt ist:
Nachdem ich meinen Eigenanteil an der Trennung untersucht hatte, konnte ich plötzlich Zusammenhänge erkennen, die sich nicht nur in meiner Beziehung, sondern auch in anderen System ereigneten, in denen ich unterwegs war.
Die gleichen unguten Verhaltensmuster, die ich in der Beziehung gezeigt hatte, erkannte ich mit einem Mal auch in Freundschaften, in der Familie, auf der Arbeit und in den Sozialen Medien- ein Rundumschlag, der mich erst einmal fassungslos zurück ließ.
Wie konnte ich so blind sein? Eine Beraterin, die die eigenen blinden Flecken nicht kennt- was sagt das über meine eigene Professionalität aus?
Es folgte Selbstkritik galore, eine ganze Zeit lang, aber nachdem ich ein Stück durch dieses Tal gewandert war, wurde mir klar, dass es schon ein großer Fortschritt ist, dass ich erkannt habe, was ich erkannt habe. Und dass ich es nicht früher hätte wissen können, sonst hätte ich mich anders verhalten.
Um mich ein Stück weiter auf meine Heilung zu begeben, fing ich an, meine Beziehungen im Allgemeinen in den Blick zu nehmen:
Wer tut mir gut? Wen treffe ich um meiner selbst Willen? Mit wem kann ich schon lange nicht mehr und wer schmarotzt sich so durch mein Leben hindurch? Knallharte Fragen, und, ganz ehrlich, die Antworten sahen auch nicht besser aus, so dass es Zeit wurde, die Beziehungen zu einigen Menschen zu verändern.
Einige klare Gespräche funktionierten, andere wiederum überhaupt nicht. In einigen Beziehungen ist es noch unklar, wie es gemeinsam weitergehen kann. Unsicherheit und Klarheit nebeneinander- ein ganz schön ambivalentes Gefühl.
Und meine Arbeit?
Auch hier sorgte mein nun unverstellter Blick dafür, dass ich merkte, wie gut mir einige Aufgaben tun und wie schlecht andere, und was mögliche Gründe für beides sein könnten.
Die Seminare und Key Note-Speeches zum Beispiel sind mein Lebenselexier: Hier teile ich meine Erfahrung und mein ganzes Wissen mit Menschen, die sich auch für das Thema interessieren und die bereit sind, mit mir in einen Dialog zu treten. Das gibt Kraft, auch wenn es dank gewisser noch nicht gelöster Themen (Technikherausforderungen, mich so zeigen, wie ich bin) nicht immer ein Kinderspiel ist.
Andere Arbeitsbereiche schneiden leider weniger gut ab, hier lasse ich mehr Kraft als mir lieb ist und erhalte weniger Anerkennung/ Fortschritt/ Glück dafür. Hier nehme ich gerade Anpassungen vor, was zu weiteren Unbekannten in der großen Lebensgleichung führt.
Sind damit die Fragen beantwortet? Nein.
Einmal angefangen, zu hinterfragen, zeigen sich mehr und mehr Baustellen. Was ist zB mit Freizeit und Tieren und dem Wohnen hier und meinem Ansatz, eine bessere Erde zu hinterlassen? Hat das alles noch seinen Platz? Wie viel Verantwortung will ich für Andere tragen, auch für Tiere und die Umwelt, für meine Gemeinde, für Frauen, die in ähnlichen Situationen sind, wie ich es war? Diese Fragen habe ich mir in den letzten Wochen immer und immer wieder gestellt.
Mit dem Beziehungsende sind zwar einige (sehr alte) Träume zerstört worden, aber/und- es ist Raum frei geworden, der noch nicht wieder gefüllt ist.
Ich merke, dass ich nun, wo die Kinder groß sind und finanziell immer unabhängiger werden (Ausbildung, Arbeit), meine Kapazitäten noch mehr in Richtung Selbstverwirklichung streben wollen- und auch können.
Die Hauptrolle der Alleinerziehenden, als die ich mich viele Jahre (fast 20…) gefühlt habe, tritt immer mehr in den Hintergrund, hängt nur noch an den letzten Resten ihrer Identität und verschwindet immer weiter im allgemeinen Flickenteppich meiner Biografie.
Etwas Neues entsteht, das auch alte Wünsche und Sehnsüchte wieder zulässt.
Langsam erinnern sich die anderen Anteile der Frau in mir, dass es noch etwas anderes gibt als das Alleinerziehendsein, als das Muttersein, als das Partnerinnensein: Die Stille zwischen zwei Buchseiten an einem ruhigen Fleckchen in der Sonne. Das Klappern der Tastatur an einem Frühlingstag im Gedankenfluss. Das Versprechen, das frische Erde und die dort eingegrabenen Saaten mit sich bringen. Die Freude über die freien Minuten, wenn niemand etwas von mir will und „alles“ erledigt ist.
Langsam aber sicher zahlt sich aus, dass ich in den letzten Monaten so viel losgelassen habe: Die Dinge und Beziehungen rufen nicht mehr konstant nach mir. Ich höre meine innere eigene Stimme wieder laut und deutlich. Ich werde immer freier, zu tun, was ich will.
Purer Luxus nach 20 Jahren Muttersein, nach all der Verantwortung für Andere, für die Pflege, für die Familie.
Je mehr ich mir erlaube, in den Geschmack dieser Freiheit zu treten, umso mehr zeigt mir das Universum, dass da noch etwas wartet: Neue Ideen keimen auf (ich könnte mehr schreiben), alte Bilder nähern sich wieder (ich bin glücklich ohne feste Beziehung und genieße die Abwechslung), noch unbeantwortete Fragen strömen mir zu (wie kann ich auf dem Grundstück, das mir gehört, im Einklang mit den Elementen leben?). Mut zeigt sich schillernd neu und überrascht mich. Und ich merke, dass ich diesen neuen Weg hier teilen will.
Mag sein, dass das nicht der Ausgangspunkt dieses Blogs war. Aber da es mein Blog ist und ich mich verändert habe, nehme ich das nun so an.
Wie eine Hand, die mir das Universum reicht und sagt- schau, hier gibt es noch Möglichkeiten, sieh doch einmal, was du daraus machen kannst.
Ich weiß nicht, ob es Sinn macht oder ob es wieder in eine Sackgasse führt. Aber vielleicht ist es hilfreich, wenn ich hier ab heute meine Gedanken teile und damit den Prozess auch für andere öffne, anstatt platt vorzugeben, was von Außen betrachtet „richtig“ ist und was nicht funktioniert.
Vielleicht kann es so einen Austausch geben zwischen dem Innen und dem Außen, und vielleicht darf es fruchtbar sein. Lebendiger als das, was bisher hier schon entstehen durfte.
Alles fügt sich für mich zum Besten, oder? Ich entscheide mich, daran zu glauben und freue mich auf die Reise, auf die es mich führt. Fühle dich eingeladen mitzukommen, und nimm gerne an, was dir für dich in diesem Moment guttut.