Projekt Frei-Garten

Ich wusste damals noch nicht, dass Ökofeminismus „a thing“ ist, aber…

Seit ich klein war, habe ich mich mit der Natur und den Tieren um mich herum beschäftigt:

Jeder Käfer, jedes Tier und jede Pflanze waren interessant, wurden betrachtet und angefasst, und nicht selten habe ich mit ihnen so gesprochen, als könnten sie mich verstehen.

Auf einem ehemals landwirtschaftlichen Grundstück, auf dem ich Gemüse anbauen wollte, lerne ich schnell, dass ich trotz guter Absichten in die typische Ego-Falle des Menschen getappt war: Alles sollte sich meinem Willen unterordnen, aber die Natur hatte eigene Pläne.

Statt den gewünschten Gemüsesorten rankten Brennesseln, vervielfältigten sich die Wildkräuter, und dort, wo ich freigeschnitten hatte, kamen schnell kleine Büsche hervor, die eine noch dichtere Vegetationsdecke als vorher bildeten

Dann sah ich mich zum ersten Mal bewusst um:

Alles war genau richtig, wie es sein sollte, nur ich, die Ent-Fremdete, hatte sich von dieser Wahrheit entfernt.

Mit neuer Demut fing ich an zu überlegen, wie ich MIT der Natur arbeiten kann, und stieß auf die Prinzipien der Permakultur. Ab da zeigte mir die Natur klar und deutlich, was ich zu tun habe:

Ich beobachtete, wie die Licht- und Schattenverhältnisse auf dem Gelände sich abbilden. Wie sich die Sonne am Morgen in den Bäumen fängt und bestimmte Bereiche durch Hecken beschattet werden. Welche Tiere auf dem Weg durch das Dickicht gehen, und was sie dabei fressen. Und ich begann, diesen Bewegungen im Raum um mich herum Rechnung zu tragen.

Der Frei-Garten ist aus sich selbst entstanden, in all seiner Wildheit, die es zu entdecken gibt. Und ich darf als Bewahrerin ein Teil davon sein.

Die Erfahrungen aus dem Geschenk im Frei-Garten brachten mich 2024 zur Ausbildung zur Kräuterpädagogin. Seitdem erkenne ich weitere gute Gründe für eine starke Verbindung zwischen Mensch und Natur:

  • Menschen, die in der Natur unterwegs sind und aufmerksam schauen, erleben, wie sich das Körpersystem reguliert, wie die Gedanken positiver werden und wie sich ganz allgemein ein Wohlgefühl einstellt, wenn Körper und Geist zusammenarbeiten. Die psychische Gesundheit wirkt gestärkt.
  • Der Kontakt und die Beobachtung von Tieren macht uns bis in das Nervensystem hinein glücklicher. Die WIderstandskraft blüht auf.
  • Besonders Kinder, Menschen mit geringem Einkommen und Menschen, die eine hohe emotionale Belastung haben, erholen sich draussen gut und finden neue Kraft für den Alltag. Natur wird ein Gegengewicht zum vielen Sitzen und Denken im Tagesverlauf.

Ich bin nicht die erste, die sich mit den Auswirkungen der Umwelt auf Körper und Seele, insbesondere für Frauen, beschäftigt. Frühe feministische Ansätze von Maria Mies, Annette Kolodny und Vandana Shiva (trotz aller Kritik an ihrer Person) zeigen seit den 1970er Jahren, dass besonders Frauen unter Naturzerstörung und Abbau der natürlichen Ressourcen leiden, etwa, weil sie in vielen Ländern der Erde noch für Wasserbeschaffung oder Landbestellung zuständig sind und unter weiteren Wegen, Wasserverknappung und Dürre leiden.

Die Arbeiten von Christine Ahrend und Christine Baumhardt verweisen seit den 1990er Jahren auf städtische Räume als für Männer konzipierte Räume, die den Anforderungen von Frauen im Alltag nicht gerecht werden, sondern für den männlichen Arbeitstag geschaffen wurden, und auf die Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, die sich hier zeigen. Und feministische Stadtplanung ist eines DER Schlagworte, mit der endlich die Wende für die überhitzten und zubetonierten Städte kommen und angesichts des Klimawandels Erfolg versprechen soll.

Vieles von den oben genannten Themen in deinem Alltag mag zu anstrengend, zu groß, und manches auch zu weit weg erscheinen. Aber jeder kleine Schritt in Richtung Zuwendung zur Natur, zu einem anderen Rhythmus als dem der Unterordnung unter die Folgen dieser hausgemachten Klimakrise, zählt: Wir können wieder ganz leicht in Kontakt kommen mit dem, was Kraft gibt, was wichtig ist. Naturerfahrung als Burnout-Vorsorge, sozusagen, für Körper, Geist und Seele, vielleicht sogar für die Menschheit an sich.

Als Mütter*, Schwestern und Chefinnen sind wir oft diejenigen, die einen Kulturwandel in der eigenen Familie und im eigenen Wirkungskreis/Unternehmen anstoßen können. Auch wenn es anstrengend und undankbar ist, wie so oft die emotionale Arbeit unbezahlt zu machen, von der alle profitieren …

Hier kannst du direkt Einfluss nehmen:

  • Durch die Auswahl der Lebensmittel, die wir kaufen und zubereiten
  • Bei der Wahl der Reinigungsmittel, mit denen wir unsere Umgebung säubern
  • Beim Einschränken des Konsums von Textilien, Make-Up und Innendekoration, mit denen wir täglich in Berührung kommen
  • Über eine gute Planung von Ressourcen und Wegen auf unseren täglichen Alltagsroutinen
  • In der Personalverantwortung für die Mitarbeitenden, für die Aufmerksamkeit auf ihre mentale Gesundheit und ihre körperliche Verfasstheit in der Arbeitszeit
  • Über die Aufklärung des umliegenden Umfeldes über das, was noch anders gehen kann und die aktive Umsetzung guter Ideen im Kleinen (Bienentränke, Nisthilfe, Mülltrennung, Laufen, Zeit statt Zeug, …)
  • Über den Schutz und den Genuss von natürlichen Umgebungen, die vor der Haustür liegen und GESEHEN werden wollen

Die Entscheidung, möglichst nahe an und mit der Natur zu sein, ist eine lebensverändernde, im besten Sinne: Wir, als Menschheit, sind auf die Natur, als unsere Lebensgrundlage, angewiesen.

Und das ist der einfache Grund, warum ich, statt resigniert mit den Schultern zu zucken, meine ressourcenorientierte Sicht der Dinge jetzt auch ganz praktisch im Umgang mit der Natur anbiete.

Wenn das mal keine guten Gründe für das Projekt Frei-Garten sind!

Das Projekt Frei-Garten ist als Projekt angelegt, um den Freiheitscharakter zu betonen. Heißt: Das Projekt darf erstmal wachsen, was später gemäht wird, entscheidet sich dann.

Da der tatsächliche Frei-Garten noch sehr wild ist und noch keinen ausreichenden Platz für Angebote bietet, trage ich die Beobachtungslust in den Raum, in den ich mich gut zwischen Rhein und Wald in Rheinland-Pfalz und Hessen auskenne. Mit dem Projekt Frei-Garten trage ich meinen Teil dazu bei, dass der Dialog zwischen uns Einzelnen und der uns umgebenden Umwelt weitergeführt wird.

Alle aktuellen Veranstaltungen, wie Kräuterwanderungen und Events, sind unter dem Veranstaltungsteil bei Seminare und mehr als Projekt Frei-Garten aufgeführt.

Bist du dabei?